Mit einer glanzvollen Gala in der Stadthalle Biberach gehen die 46. Biberacher Filmfestspiele am Sonntagabend zu Ende. Im festlichen Rahmen werden die besten Werke des Festivals ausgezeichnet. Über 50 Filme stellten sich in diesem Jahr dem Urteil der Fach-, Publikums- und Schülerjury, die in acht Kategorien die Gewinner kürten. Die Vielfalt und Qualität der Filme spiegelten die Themen und Herausforderungen der heutigen Zeit wider, und das Publikum durfte sich über bewegende, inspirierende und nachdenkliche aber auch zum Lachen anregende Filmproduktionen freuen.
Die Auswahl der Preisträger stellte die Jurys vor eine schwierige Aufgabe, da die Qualität der eingereichten Filme in allen Kategorien außergewöhnlich hoch war. „Es war keine leichte Entscheidung“, betonte ein Jurymitglied. „Jeder Film hatte seine eigenen Stärken und verdient Anerkennung.“ Bis gestern Abend wurden noch Filme von den Jurys gesichtet.
Von der Stadt Biberach mit 8000 € dotiert.
Kain und Abel reloaded. Ein biblischer Western im Ruhrpott. Gnadenlos prasseln die Schicksalsschläge auf die Brüder Kai und Mirko nieder. Verlassen von jedem Hoffnungsschimmer ist ihnen nichts geblieben als die geschwisterliche Schicksalsgemeinschaft in Hass – und Liebe. Hier wird ohne jeden Sozialkitch und fern aller Betroffenheitsorgien erzählt. Dieser Film tritt , wie einst Schimanski in den Tatorten, jede Tür , hinter der man es sich als Publikum gerade ein bisschen bequem machen will , mit den füssen ein.
Nichts ist vorhersehbar – dank der überraschenden, mehrere Ebenen geschickt miteinander verknüpfenden Erzählstruktur. Man stürzt wie im freien Fall in assoziative Gefilde von Albtraum und Wirklichkeit. Rainer Werner Fassbinder gelang es einst, aus schmerzvollsten Erfahrungen filmisch poetische Brenngläser zu schaffen. Diese stilsichere Romanadaption von Autor und Regisseur Damian John Harper schlisst an jene Qualität an.
Der Film ist eine wahrhaftige Milieustudie, weitet sich zu einem facettenreichen Gesellschaftsbild – und ist eine Hommage an die Liebe, selbst wenn man sich zu ihr durch kniehohe Blutlachen kämpfen muss.
Als sein gewalttätiger Bruder MIRKO vorzeitig aus der Haft entlassen wird, beginnt für KAI ein wahnwitziger Wettlauf gegen die Zeit. Denn KAI schuldet MIRKO Geld – viel Geld. Bei dem Versuch seine Schulden zu begleichen, gerät Kai in eine fatale Gewaltspirale, während die Uhr im Hintergrund bedrohlich tickt.
Ein atemloses, authentisches, grelles Drama über zwei sehr unterschiedliche Brüder.
Darsteller Ralf Richter (Innerer Monolog), Louis Hofmann (Kai), Franz Pätzold (Mirko), Sascha Geršak (Onkel Andy), Canan Kirs (Ayse), Pinar Erincin (Ela), Božidar Kocevski (Bodgan), Zejhun Demirov (Selo)
Regie Damian John Harper
Buch Damian John Harper / Romanvorlage: „Fresh“ von Mark McNay Kamera Leonhard Kairat
Musik Emma Elisabeth Harper
Editor Lorna Hoefler-Steffen
Produktion Weydemann Bros.
Prodzent Jakob D. Weydemann, Jonas Weydemann, Milena Klemke, Yvonne McWellie
Redaktion ZDF – Das kleine Fernsehspiel
Von der Kreissparkasse Biberach mit 3000 € dotiert.
Der Film, den wir als diesjährige Schüler-Jury mit dem Schüler-Biber auszeichnen, hat uns anhand verschiedener Aspekte und ihrer unserer Meinung nach herausragenden Umsetzung überzeugt.Schauspielerische Leistung, Kameraführung, Musik und der dramaturgische Aufbau, hier besonders die im Film immer wieder auftretende Irritation hinsichtlich der Frage „Was ist Realität“ werden spannend, fesselnd und gut aufeinander abgestimmt umgesetzt.
Ein verzweifelter Kurierfahrer bekommt in seiner existenziellen Krise den Auftrag, ein ominöses Paket unter seltsamen und fragwürdigen Bedingungen zu liefern. Seinen schwierigen Lebensumständen entsprechend ist er gezwungen, dieses Angebot anzunehmen, was zu einer Reihe von unerklärlichen und bedrohlichen Ereignissen führt.
Darsteller Christopher Köberlein, Holger Ebert, Peter Koepke, Jazz Brantsch
Regie Andrei Turcan
Buch Andrei Turcan
Kamera Andrei Turcan
Musik Andrei Turcan
Editor Andrei Turcan
Produktion Andrei Turcan
Produzent Andrei Turcan
Redaktion Andrei Turcan
Von der Werbegemeinschaft Biberach mit 2000 € dotiert.
Der Publikumsbiber geht dieses Jahr an den Film „Ungeschminkt“. Die Geschichte handelt von Josefa, die nach über 40 Jahren zurück in ihren Heimatort kehrt, als Frau mittlerweile in der Großstadtlebend einst das Dorf verlassen als Mann, als Sohn, als Josef.
Der Film befasst sich mit dem Thema Transgender auf eine leichte Art, ohne oberflächlich zu sein. Die Dialoge sind wunderbar knappgehalten ohne erklärend oder gar belehrend zu wirken. Der Film packt einen am Herz. Das Thema der Transfeindlichkeit betrifft gesellschaftlich zwar eine Minderheit, es leiden aber oftmals nicht nur die Betroffenen, sondern auch ihr Umfeld kämpft mit Überforderung und Verletzungen. Der Film lässt den Zuschauer auch die Perspektive auf diese Gegenüber wechseln. Letztlich geht es in der Geschichte um die Themen, die uns alle bewegen: Liebe, Familie, Freundschaft und Heimat.
Ausgesprochene und unausgesprochene Verletzungen. Ein Film, der trotz seiner Leichtigkeit nicht die Ernsthaftigkeit der Themen verliert, es darf auch gelacht werden, nicht über, sondern miteinander, was die Schauspieler im Film wunderbar vorleben.
Vor über 40 Jahren hat Josefa (Adele Neuhauser), als sie noch Josef (Riccardo Campione) hieß, im Streit ihr Heimatdorf verlassen. Heute kehrt Josefa dorthin zurück. Vieles ist geschehen in dieser Zeit. Vieles hat sich verändert. Josefa lebt ihr Leben. Als Frau. Auf dem Hof der verstorbenen Eltern wird sie mit voller Wucht mit ihren Erinnerungen konfrontiert: Da ist Petra (Eva Mattes), die einmal ihre Ehefrau war. Da ist die Blume (Ulrich Noethen), Josefas bester Freund von damals. Vieles, das damals nicht gesagt wurde, verlangt nun Gehör. Kränkungen und Missverständnisse brechen auf wie nie verheilte Narben. Aber nicht nur Josefa hat in ihrer damaligen Verzweiflung Fehler begangen, auch Petra trägt eine Last mit sich. Trost findet Josefa in ihrer guten Freundin Antonia (Hayal Kaya).
Darsteller Adele Neuhauser, Eva Mattes, Hayal Kaya, Ulrich Noethen, Matthias Matschke, Riccardo Campione, Luise Kinseher, Stefan Merki, Florian Jahr, Michael A. Grimm
Regie Dirk Kummer
Buch Uli Brée
Kamera Joe Berger, Alex Püringer
Musik Johannes Repka
Editor Jens Müller, Thomas Krause
Produktion Bavaria Fiction im Auftrag von BR und ORF
Produzent Anna Oeller
Redaktion Claudia Simionescu
Von der Volksbank Ulm-Biberach mit 2000 € dotiert.
Deutsche Klassik neu erzählt, witzig,zwei junge Frauen befreien sich aus gesellschaftlichen Zwängen.
Der Mittellange-Filme-Biber, von der Volksbank Ulm-Biberach mit 2.000 € dotiert, geht an Sturm & Drang, Regie Wouther Wirth, Buch Romina Ecker
Knittlingen, 1789. Um den Fängen ihres Vaters zu entkommen, beschließt Cornelia abzuhauen und sich eine Heirat zu erkaufen, die sie nach Paris bringen soll, wo sie sich ein freies Leben erhofft. Als bei dem Treffen mit ihrem Zukünftigen ein Fremder mit seiner schwangeren Frau auftaucht und alle zum Picknick einlädt, kommt alles anders als geplant und Cornelia muss erneut für ihre Freiheit kämpfen.
Darsteller Katharina Stark, Felix Bickele, Mia Maria Müller, Joseph Bundschuh, Michael Schrodt, Yann Mbiene, Gisela Aderhold, Eckhard Greiner, Sascha Maaz, Roberto Martinez
Regie Wouter Wirth
Buch Romina Ecker
Kamera Caroline Spreitzenbart
Musik Joe Masi
Editor Andreas Schumacher
Produktion Schmidbauer-Film
Produzent Tanja Schmidbauer, Andreas Schmidbauer, Kirsten Werh
Redaktion Natalie Lambsdorff
Von der IHK Ulm mit 2000 € dotiert.
Eine existentielle Entscheidungsfindung, der Film hält die Spannung, belohnt den Zuschauer mit einer unerwarteten Wendung.
Unser Preis, von der IHK Ulm mit 2000 € dotiert, geht an den Film VORHANG AUF, Buch, Regie und Schnitt Ben von Grafenstein
Berlin, nach einem politischen Umbruch.
Während der Umbaupause einer Hedda Gabler-Aufführung flüchtet sich ein polizeilich gesuchter Journalist in die Theatergarderobe des Theater- und Filmstars Liv Halstrøm.
In den 10 Minuten, die Liv bis zu ihrem nächsten Bühnenauftritt blieben, wird sie eine folgenschwere Entscheidung treffen.
Darsteller Lise Risom Olsen, Tilman Strauss, Andreas Schröders, Sebastian Schneider
Regie Ben von Grafenstein
Buch Ben von Grafenstein
Kamera Chris McKissick
Musik Lorenz Dangel
EDITOR Ben von Grafenstein
Produktion Lise Risom Olsen / Ben von Grafenstein
Von der Firma Liebherr mit 3000 € dotiert.
Noch unter Ceaucescu wurde in Rumänien eine ganze Region geflutet, um die Abwässer eines Kupferbergwerks zu entsorgen. Der Untergang einer ganzen Welt im wahrsten Sinne des Wortes, aber auch der Untergang eines Dorfes und damit des Lebens von Menschen und ihrer Existenz. Nur die aus der giftigen Kloake herausragende Kirchturmspitze erzählt von dem, was einst war.
Matthäus Wörle verzichtet auf Kommentare, lässt grandiose Bilder sprechen, Bilder einer verletzten Landschaft, gleichzeitig baut er eine große Nähe zu seiner Protagonistin Valeria Prata auf, eine der wenigen, die in der Verwüstung noch ausharren.
Ein bewegender Dokumentarfilm über die irreparable Zerstörung der Natur und der Zerstörung der Seele. Was bleibt sind Trauer und Schmerz über den Verlust von Heimat, aber auch von Erinnerungen an eine Zeit der Hoffnung und funktionierenden Gemeinschaft.
Ein stummer Schrei, der in uns nachhallt und trotzdem schauen wir dem Verschwinden von Lebensraum tatenlos zu.
Vor langer Zeit war Geamăna ein rumänisches Dorf im Apuseni-Gebirge, welches etwa 1000 Menschen beheimatete. Heute ragt lediglich die Kirchturmspitze aus dem giftigen Schlamm eines benachbarten Kupferbergwerks. Fast alle Häuser sind versunken und ihre Bewohner geflohen. Am Rande der Vergangenheit bestreitet Valeria Praţa ihre Gegenwart – und wird von der Zukunft bedroht.
Darsteller Valeria Praţa, Nicolae Praţa, Georgelian Praţa, Livia Praţa, Andrei Praţa, Daniel Praţa, Maria Praţa, Ovidiu Căbulea, Păuna, Duracell
Regie Matthäus Wörle
Buch Matthäus Wörle
Kamera Moritz Dehler, Max Kölbl
Musik Giuliano Loli
Editor Matthäus Wörle, Felicitas Sonvilla
Produktion megaherz, HFF München
Produzent Oliver Gernstl, Fidelis Mager
Vom Landkreis Biberach mit 3000 € dotiert.
Ein brandenburgischer Heimatfilm, der durch großartige schauspielerische Leistungen überzeugt. Aber auch durch den ungewöhnlichen Ideenreichtum in Drehbuch, Bildgestaltung und Tonalität des Films, der mit komödiantischen Mitteln vom Scheitern, aber auch vom Träumen in einer Welt der Perspektivlosigkeit erzählt. Die Vergangenheit wird unkommentiert ins Bild gesetzt und in vielen Szenen bewältigt. Die Panzer sind nur eine der wenigen klugen Metaphern. Aber die Leichtigkeit im Schweren ist die herausragende Qualität des Films, wie ein Juror formuliert: ein graues Feel-Good-Movie mit Kinopotenzial weit über Brandenburg hinaus. Wir gratulieren – Another german Tank Story von Jannis Alexander Kiefer.
Während Hollywood in dem kleinen Örtchen Wiesenwalde eine Serie über den Zweiten Weltkrieg dreht, jagen die Dorfbewohner:innen ihren persönlichen Träumen hinterher – bis ein plötzlicher Stromausfall alle Pläne zu durchkreuzen droht und ein Panzer vor dem Haus der Bürgermeisterin steht.
Darsteller Johannes Scheidweiler, Meike Droste, Monika Lennartz, Roland Bonjour, Gisa Flake, Alexander Schuster
Regie Jannis Alexander Kiefer
Buch Theresa Weininger, Jannis Alexander Kiefer
Kamera Adam Graf
Musik Fabian Zeidler
Produktion Maze Pictures GmbH, Christian Degenhart
Produzent Philipp Kreuzer
Vom Autohaus Rapp mit 3000 € dotiert.
Was muss ein Film mitbringen, damit wir ihn mit einem Biber auszeichnen wollen? Natürlich ein Thema mit gesellschaftlicher Relevanz. Einen berührenden Plot mit überraschende¬¬¬n Wendungen. Glaubhafte Schauspieler. Einen nachvollziehbaren dramaturgischen Bogen. Eine souveräne Regie. Wenn dann aber auch noch eine stimmige Kamera, ungewöhnliche Locations und insgesamt ein origineller Look, sowie eine die Geschichte gut unterstützende Musik dazukommen, haben wir schon fast alles aufgezählt, weswegen der Film „Sterben für Beginner“ von der Jury den Fernseh-Biber 2024 zugesprochen bekommt. Eigentlich vermeiden wir es ja, über den Tod zu sprechen. Obwohl er ja das einzig Sichere ist in unserem Leben. Und Witze macht man darüber schon gar nicht. Oder eben gerade doch? Dem Regisseur Christian Klant, dem hervorragenden Cast, allen voran Edin Hasanovic, Max Hubacher und Svenja Jung, wie auch dem in allen Departements überzeugenden Team, ist es gelungen, eine leichtfüßige, zuweilen grotesk komische und immer berührende Geschichte zu erzählen um das Sterben eines jungen Mannes, dessen bester Freund gerade rechtzeitig zum Bestatter und damit quasi zum Experten in Sachen Sterben wird. Wobei sich herausstellt, dass gerade diejenigen, die die Angst vor dem Sterben in den Griff bekommen, auch das Leben besser zu feiern wissen. Man lacht. Man weint. Man fühlt mit den Figuren. Und man wünscht sich einen Freund wie den Neu-Bestatter Erik an seiner Seite, wenn es dann doch irgendwann mal ans Sterben geht.
„Sterben für Beginner“ nimmt sich mutig und heiter eines schweren Themas an, das uns alle angeht. Die Jury freut sich, diesen Film mit dem Fernsehbiber 2024 auszuzeichnen. Herzlichen Glückwunsch.
Musikmanager Erik ist in der Krise: Er kündigt seinen Job und wird Bestatter. Kurz danach erfährt er, dass sein bester Freund Alex einen tödlichen Hirntumor hat. Alex und seine Freundin Karla erwarten ein Baby. Inspiriert nach dem Bestseller „The END – das Buch vom Tod“ von Eric Wrede wird hier die Geschichte einer Freundschaft erzählt, nach dem Motto: Lebe, Liebe, Lache, Staune.
Darsteller Edin Hasanovic, Max Hubacher, Svenja Jung, Peter Kurth, Steffi Kühnert, Wolfram Koch, Luna Jordan, uvm.
Regie Christian Klandt
Buch Benedikt Gollhardt
Kamera René Gorski
Musik Johannes Repka
Editor Julia Steinke
Produktion Producers at Work Film GmbH
Produzent Tobias Stille, Christian Popp
Redaktion Solveig Cornelisen – ZDF